pathognostische Intellektualität
Pathognostische Intellektualität ist eine anmaßende Mischung aus wissenschaftlichem Verschluss (Epikalypse) und psychotischer Öffnung (Apokalypse), die dem intellektuell Aufzuschließenden in einer Ambivalenz von Sarkasmus und Mitleid begegnet.
Mit der Psychose teilt die pathognostische Intellektualität die Anerkennung der Unausweichlichkeit der Schuld, deren Leugnung nur eine Täuschung sein kann. Sie situiert sich in dem Bereich zwischen einem das Dingarkanum schuldverschließendem Wissen und einer psychotischen Öffnung desselben. Insofern ist mit ihr immer auch die Konsistenz des Subjekts bedroht. Intellektualität ist eine Simulation der Psychose.
Pathognostische Intellektualität ist ein Parasit der Psychose, aufgeladen mit der in ihr akkumulierten Gewalt und ausgesetzt ihrem Widerstand gegen ihre Ausbeutung in medialen Wucherungen.
Es gibt keine Intellektualität ohne Abwehr. Aber auch wenn jede Thematisierung durch Sprache und Schrift sich auf Abwehr stützt, kann das Abgewehrte in ihr sichtbar bleiben, in einer Art reflexiven Einholung und Selbsttransparenz, ohne allerdings die Abwehr auflösen zu können.
So ist Intellektualität unauflöslich ein Symptom und als Anspruch auf Allwissenheit ("erfülltes Dispositionsbewusstsein" - TDN, 133) eine kollabierende Todesanmaßung.
Das Mit-sich-Identische ist aus pathognostischer Sicht die Gestalt des entäußerten Todes, Verschlussform der Gewalt. Wie könnte ein Sprechen darüber diesen Zusammenhang öffnen, ohne dieser Mortalität zu verfallen? Denn Sprechen und Schreiben verpflichten sich auf Identität.
Dass die Texte von Rudolf Heinz sich einem aneignenden Verständnis verweigern, sich die in ihnen transportierten Sichtweisen nur in entstellter Form anbieten, dürfte sich dieser Aporie verdanken.
Die Armut der res cogitans. Innenansichten einer viszeral-chirurgischen Operation; in: Todesnäherungen, 133
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